Für den Frieden: Bücherkinder arbeiten an neuem Werk
Die Bücherkinder Brandenburg haben ein neues Projekt. Seit Januar arbeiten sie an einem Friedensbuch. Im aktuellen Kapitel geht es um Leben und Werk von Bertolt Brecht.
Heike Schulze
Brandenburg/H. „Der hat mit 15 eine Schülerzeitung herausgegeben. Könnt ihr euch das vorstellen?“ Christine Becker erzählt aus dem Leben von Bertolt Brecht. Die Frau des verstorbenen Schriftstellers Jurek Becker ist selbst Autorin und Publizistin. Sie beschreibt sein lebhaft und anschaulich.
In diesen Wochen ist sie dreimal in Brandenburg zu Gast, um mit den Bücherkindern der Evangelischen Grundschule am Brandenburger Dom das dritte Kapitel des neuen Projektes „Pax questuosa – ein Friedensbuch“ zu erarbeiten. Das zweite hatte Anna Seghers zum Gegenstand. Um sie gründlich kennenzulernen, sind die Kinder sogar nach Berlin ins Anna-Seghers-Museum, in ihre original erhaltene Wohnung gefahren.
„Dabei hat er seine Artikel sogar mit verschiedenen Namen unterzeichnet, damit es nach mehr Mitstreitern aussieht“, sagt Becker und ergänzt, dass er zu Beginn des Ersten Weltkrieges 16 war und wie alle zu dieser Zeit ein glühender Anhänger des Krieges. „Aber die Begeisterung hielt nur bis zur ersten Granate an der Front“. Angesichts der vielen Toten wurde Bertolt Brecht sehr schnell zum Kriegsgegner.
Leonard, Malte, Ernst, Alma, Mina, Lina Yuna, Helene, Elise, Sophia und Adele sind die „aktuellen“ Bücherkinder. Und zwischen zehn und 13 Jahren alt. Für einige ist es nicht das erste gemeinsame Jahresbuchprojekt, das schon lange Zeit von der Pirckheimer-Gesellschaft unterstützt wird. Bei Keksen und heute wunderbar kalten Getränken lauschen sie den Ausführungen und stellen immer wieder Fragen zu dem teils schwierigen Stoff. Es geht um literarische Gattungen und gesellschaftspolitische Begriffe. Aber auch um Konfrontation mit dem Tod, Vernichtung von Menschenleben und aus heutiger Sicht unzumutbare Lebensumstände. „Wir haben schon in den vorangegangenen Projekten viel zum Thema gelernt“, sagt Mina.
„Und wir können immer alles fragen“, grinst Alma, „der da“, sie weist auf Armin Schubert, den „Büchervater“, „hat ja Germanistik studiert und weiß alles“. Außerdem ist sie der Ansicht, dass, „wenn wir es sowieso später lernen, es auch früher tun können“.
Auch Christine Becker ist nicht das erste Mal bei einem Buchprojekt dabei. „Ich habe den „Jakob der Lügner“ für Kinder umgeschrieben, aber die hier brauchten den originalen. Sie sind so weit“. Sie traut ihren Schützlingen viel zu und wurde bisher nie enttäuscht. Für heute hat sie, weil es ja um Bertolt Brecht geht, außer Einspielungen von Gedichten und Liedern, „Ja der Haifisch, der hat Zähne“ durfte nicht fehlen, eine anspruchsvolle Szene aus „Mutter Courage“ vorbereitet. Alle Kinder bekommen eine Rolle, lesen und spielen gleichzeitig dabei. „Die Probe ist unser Spiel“, sagt Becker.
Beim kommenden Treffen schreiben die Kinder ihre Gedanken, Gedichte, kleinen Geschichten, kurze Szenen oder was auch immer ihnen zum Stoff einfällt, auf. Inspirationen sind viele da, schon am heutigen Tag haben sich einige Notizen gemacht und Ideen festgehalten.
Beim dritten Termin lesen sie einander ihre Arbeiten vor und sprechen gemeinsam darüber. Und dann geht es auch direkt mit dem vierten Kapitel weiter. Irgendwann im Herbst werden die für das Buch ausgewählten Arbeiten zusammen mit Dietmar Block illustriert. Das Buch soll im Dezember fertig und im März 2024 auch wieder auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt werden. Aber so weit ist es noch nicht. Für heute gilt es, noch ein, zwei Gummibärchen abzufassen. „Die sind nämlich am Ende immer das Beste“, lacht Helene Schubert und beredet dabei mit der Freundin längst die Ideen für ihre Beiträge im Friedensbuch.
© Märkische Allgemeine Zeitung, 16. Juni 2023